Ein Tag im Leben des FußballSchiedsrichters Denis 18 R., Jahre alt

(Schiedsrichter für Jugend, Alte Herren, Herren bis Kreisklasse, Linienrichter bis Verbandsliga)

Samstag morgen, 7. 00 Uhr

Der Wecker klingelt und mir wird langsam klar, daß ich ja heute dieses "Alte Herren" - Spiel pfeifen muß. Ausgerechnet mich mußten die nominieren, da hätte man doch wohl einen erfahreneren "Schiri" einsetzen können.

Diese Spiele mit ihrer fast krankhaften Rivalität sind schwer zu pfeifen, zumal in dem einen Verein viele Ausländer mitspielen. Da heißt es zwar immer wieder Völkerverständigung und Freundschaft sei das Größte im Sport, aber ich habe da ganz andere Erfahrungen. Oft sind es auch die Zuschauer, die Rivalität und nationalistische Gefühle zusätzlich anstacheln.

Das kalte Novemberwetter hebt auch nicht gerade die Stimmung. Aber da um 9 Uhr schon Spielbeginn ist, muß ich wohl oder übel nach dem Frühstück gleich los. Wenigstens ist die Organisation beim TSV vorbildlich, vor allem die Platzverhältnisse sind fast immer optimal, ganz im Gegensatz zu vielen anderen Clubs.

In der Straßenbahn

"Hoffentlich geht das gut heute", denn wenn ich an das verfahrene Spiel vom letzten Jahr denke, mit den ständigen Meckereien und den unfairen Attacken, wird mir nicht wohler: Damals hätte ich das Spiel fast abgebrochen. Dazu mußte ich mir nach dem Match noch übelste Schimpfwörter an den Kopf werfen lassen.

Die neue Rückpaßregel - geht mir gerade durch den Kopf - habe ich noch nicht so richtig kapiert. Mit solchen Neuerungen, die man beiläufig mit der Post zugeschickt bekommt, wird unsre Arbeit auf dem Spielfeld auch nicht gerade erleichtert.

Hoffentlich spielt der M. von der CONCORDIA nicht mit, denn der kann ohne weiteres ein ganzes Spiel versauen. Der lamentiert unentwegt und kann dem Schiedsrichter das Leben zur Hölle machen. Wenn ich dran denke, daß ich schon um 7 Uhr aus den Federn bin, von 9- 11 Uhr das Spiel leite und erst um 12.30 Uhr wieder daheim bin, und das alles für 20 Mark Spesen plus Fahrtgeld ... nunja!

Während der Rückfahrt mit der Straßenbahn

"Na, das war endlich mal ein Klasse-Spiel; das lief ja fast harmonisch ab: ganz ohne Genörgel, ohne Ruppigkeiten, und obendrein gab's sogar noch guten Fußball für die Zuschauer. Und hinterher das gemütliche Beisa ensein war echt spitze, vor allem unser nostalgisches Geplauder über die guten alten Fußballzeiten. Schmeichelhaft für mich war natürlich das dicke Lob, das man mir nach dem Spiel gespendet hat: ,Souveräne Leistung, Schiri meinte einer, und ich war richtig stolz. So macht das Schiri-Dasein echt Spaß.«

Diese kleine Episode aus dem Alltag eines Kreisklassen-Schiedsrichters zeigt die kleinen und auch größeren Probleme in diesem Metier ganz anschaulich. Es ist wirklich kein Zuckerschlecken, Wochenende für Wochenende auf dem Platz zu stehen und mehr oder minder gute Fußballmatchs fair übel; die Runden bringen zu helfen; über des machen nicht nur Spieler, sondern auch die Fans, Trainer und Betreuer sowie gewisse Presseleute dem Schiedsrichter nicht selten das Leben schwer.

Mit dieser Broschüre wollen wir unter dem Aspekt eines zeitgemäßen Fair Play Verständnisses auch eine Lanze für die Schiedsrichter brechen und auf die Schwierigkeiten hinweisen, die mit der Übernahme eines solchen Amts verbunden sind. Darüber hinaus sollen auch Ratschläge und Tips gegeben werden, die ein solches Amt erleichtern helfen.

Ohne Schiedsrichter geht's nun mal im Wettkampfsport nicht. Oder doch? Werfen wir einen Blick in die Sporthistorie.

Wir brauchen heutzutage Schiedsrichter

Ganz selbstverständlich gehen wir heute davon aus, daß ein Spiel oder Wettkampf von einem versierten Schiedsrichter geleitet wird, und nicht allen Sportlern ist bewußt, daß dies nicht immer so war. Werfen wir einen Blick auf die Anfänge der Leibesübungen:

  • Körperübungen, die rituell gebunden waren (z.B. in der Antike) oder über genormte Handlungsanweisungen privilegierter Gesellschaftsschichten (z.B. bei den Adeligen, den Gentlemen) reguliert waren, bedurften nicht der Schiedsrichter in unserem Verständnis.
  • Bei den volkstümlichen Spielen im Mittelalter war nahezu alles erlaubt: "Sie wurden geprägt von einer weitgehend tolerierten Gewalttätigkeit. Daß in der Hitze des Gefechts die überlieferten Regeln mißachtet wurden, kann nicht verwundern. Alle mittelalterlichen Volkss iele wiesen diese Struktur auf" (Elias/Dunning). Es ist klar, daß Schiedsrichter in dieser Zeit nicht gefragt waren.
  • Indem die Körperübungen in den modernen Gesellschaften zu Wettkämpfen werden, müssen darin Bewegungen standardisiert sein, um Vergleichbarkeit zu ermöglichen. Es sind immer genauere Verträge, genauere Regeln und die Garantie ihrer Einhaltung notwendig.

Ein originelles Beispiel für eine einfache Wettkampfvereinbarung wie es noch im Jahre 1912 üblich war, liefert der folgende "Boßel-Vertrag":

VERTRAG EINFÜGEN

Aufgrund der vertraglich gesicherten Vereinbarungen konnte ein solcher Wettkampf also stattfinden. Die Kontrolle der Regeleinhaltung oblag im übrigen den Teilnehmern und Zuschauern. Letztere hatten neben dem gesellschaftlichen Ereignis als solchem noch die Vergünstigung eines verbilligten Essens. Je komplizierter nun die vertraglichen Bindungen und je größer die Veranstaltungen (und damit die finanziellen Risiken) wurden, um so dringlicher war die Schaffung einer unabhängigen Instanz, die die Einhaltung der Regeln verbürgt. Der Schieds- und Wettkampfrichter avancierte so mehr und mehr zur unverzichtbaren Kontrollperson.

Instanzen, die den Sportbetrieb regeln und überwachen:

1. Der Schiedsrichter ist ein unparteiischer Kampfrichter, der den Wettkampf leitet und über die Einhaltung der sportlichen Regeln und der Disziplin wacht. Vielfach hat er alleinige Entscheidungsbefugnis.

2. Der Kampfrichter überwacht nicht nur die Einhaltung der Regeln, sondern er übernimmt darüber hinaus wettkampfund sportartgebundene Aufgaben des Messens, Punktens und Wertens.

3. Der Punktrichter ist ein besonders ausgebildeter Unparteiischer, der die Leistung eines Wettkampfs mit einer Punktwertung einstuft (Boxen) .

4. Das Kampfgericht ist die Leitungs-, Wertungs- und Aufsichtsbehörde für Wettkämpfe. Zum Kampfgericht gehören Kampf- und Schiedsrichter, Zeitnehmer, Listenführer, Starter, Zielrichter u.a.

5. Das Schiedsgericht ist ein Gremium von Kampfrichtern und Schiedsrichtern, das bei unterschiedlichen Auffassungen bezüglich der Regeln und bei anderen Differenzen angerufen werden kann oder selbständig in den Wettkampf eingreift und Entscheidungen fällt.

  • Nennen Sie die Hauptargumentefür die Notwendigkeit des Einsatzes von Schiedsrichtern im Sport.
  • Kennen Sie Sportarten, in denen keine Schiedsrichter benötigt werden?
  • Können Sie sich vorstellen, daß es in Ihrer Sportart auch ohne Schiedsrichter geht?
  • Wären Sie in der Lage, selbst Schiedsrichteraufgaben wahrzunehmen?

MERKSPRUCH:

Trifft der Speer den Würstchenstand, wird der Wurf nicht anerkannt. (Alte Speerwurfregel aus Berlin)

Schiedsrichterfunktion und Fairneß

Die erste Frage, die wir uns im Zusammenhang mit Schiedsrichterfunktion und Fairneß stellen müssen, ist die Frage nach dem eignen Rollenverständnis der Unparteiischen im Hochleistungssport. Dieser braucht - analog zu einer harmonisch funktionierenden Gesellschaftsordnung - Normen und Spielregeln, die es anzuerkennen und zu befolgen gilt. Regelverstöße im Sportwettkampf werden deshalb unnachsichtig geahndet und können zum Wettkampfausschluß oder zu einer längeren Sperre führen. Der Schieds- oder Kampfrichter, der seinerseits wiederum an spezielle Regeln und Pflichten gebunden ist, hat während des Wettkampfs gewisse Vollmachten, die ihn - als legitimen Sachwalter in der jeweiligen Sportart - wenn nötig einschreiten und handeln lassen. Dabei muß er stets neutral und objektiv urteilen und der Situation angepaßt reagieren.

Der Wettkampfrichter hat es nicht immer leicht ...

... aber leicht hat man ihn im Visier. Je klarer der Aufgabenbereich abgesteckt ist, um so eindeutiger sind - wie in der Leichtathletik die Höhen- oder Weitenmessungen - Kampfrichterleistungen zu beurteilen. Hier ist die Akzeptanz der Entscheidungen nahezu unantastbar. Problematisch wird es in den Ballsportarten, wo gewöhnlich Konfliktsituationen blitzschnell erfaßt und bewältigt werden müssen. Abgesehen von den assistierenden Linienrichtern, hat der aus seiner begrenzten Perspektive zu urteilende Schiri eine kaum 100%ig zu lösende Aufgabe,zumal im Sport mit seinen massenpsychologischen Phänomenen immer "action" angesagt ist und der Schiedsrichter auch in dieser Hinsicht unter gewaltigem Streß steht. So sind Fehlentscheidungen vorprogrammiert, denn der - ja ohne Fernsehbeweis entscheidende - Mann in Schwarz kann eben nicht überall zugleich sein und alles wahrnehmen. Fehlentscheidungen können also auch bei hochqualifizierten Bundesligaschiedsrichtern vorkommen und dürfen ihnen nicht prinzipiell zum Vorwurf gemacht werden.

Natürlich gibt es auch Fälle, in denen nachträglich Revision en möglich sind. Hier haben dann die übergeordneten Sportgerichte zu entscheiden. Vor Ort aber, im Stadion oder auf dem grünen Rasen,hat das Urteil des Schiedsrichters absolute Priorität, und die gilt es zu akzeptieren.

 

Zweimal Rot - Schiri k.o.

HANNOVER. So langsam muß den Schiedsrichtern im Fußballkreis Hannover eine Nahkampfausbildung empfohlen werden. Am Wochenende wurde nämlich schon wieder ein Mann in Schwarz k.o. geschlagen, verletzte sich auch noch am Steißbein, als er zu Boden ging.

Diesmal passierte die Prügelei in der 2. Kreisklasse bei der Partie Eintracht III gegen VfB Wülfel 11. Als beim Stand von 2:1 für die Hausherren der Unparteiische Wingolf Masur (47) ein Abseitstor der Gäste nicht anerkannte, soll das VfBSpieler Martin Holländer mit den Worten "Du Pfeife, du pfeifst nur Mist" kommentiert haben. Als er daraufhin eine Zeitstrafe bekam, soll VfB-Akteur Uwe Stokan den Schiri einen Bettnässer genannt haben. Folge: Rote Karte.

Als Masur anschließend Holländer aufforderte, den Platz zu verlassen, schlug dieser kurzerhand zu. Auch für den Schläger gab's natürlich Rot. Das Spiel wurde abgebrochen, ein neuer Fall für das Sportgericht.

Der Schieds- oder Kampfrichter ist und bleibt eine unerläßliche Instanz zur Wahrung der Wettkampfordnung und des reibungslosen Spielverlaufs. Er fungiert als Garant für einen der Norm entsprechenden, fairen Wettkampf zwischen konkurrierenden Athleten oder gegnerischen Mannschaften. Daß auch der Unparteiische einmal in Interessenkonflikte kommen kann, ist verständlich, sollte aber nicht an der Tagesordnung sein. Er, der von vielen Seiten her angefeindet und diffamiert, auch schon einmal körperlich bedroht wird, braucht in seinem Job also unbedingt starke Nerven und großes Durchsetzungsvermögen. Allzuoft wird der Schiedsrichter zum Sündenbock abgestempelt, um von eigenen Schwächen der Spieler abzulenken. Ungeachtet dessen darf und soll der Schiri - wenn es angebracht ist - kritisiert werden: Konstruktive Kritik ist (fast) immer ein Gewinn für alle.

Bemerkung

Raffinierte Formen der Beeinflussung von Schiedsrichtern durch Trainer oder andere Bezugspersonen des Vereinsvorstandes sind im Profisport gang und gäbe und werden zumindest von offizieller Seite geduldet. Es gibt nachdenklich stimmende Beispiele für "intensive und individuelle" Schiedsrichterbetreuung, wie die (Vor-)Fälle beim 1. Fe Nürnberg oder bei Hannover 96 zeigen. Man staunt über folgende Pressemeldung aus dem Jahre 1991:

Wie Werner 3 schwarzen Männern die Lichter der Großstadt zeigte

(Schiedsrichterbetreuer Bock und die hochprozentige Pflichterfüllung im Ehrenamt)

HANNOVER: Wenn Werner Bock einmal eine Aufgabe übernommen hat, darauf ist er stolz, dann erfüllt er sie hochprozentig, nach eigenen Angaben hundert-und-noch-viel-mehr-prozentig.

Bei Hannover 96 haben sie ihm, dem verdienten Ex-Vizepräsidenten,deshalb ein Amt anvertraut, das für den weltgewandten Gastronomen wie geschaffen scheint: Werner Bock ist Schiedsrichterbetreuer. Am vergangenen Wochenende kümmerte er sich um den Unparteiischen Peter W., der schon am Freitag mit seinen Linienrichter-Kollegen Eckhard E. und Joachim Z. aus dem ehemaligen DDRKleinstädtchen Könitz an die Leine gekommen war. Bock ließ den Hochbetrieb in seiner Autobahnraststätte (Wülferode-Ost) Hochbetrieb sein und nahm die drei Männer aus dem Osten gleichsam an die Hand. Und sie ließen sich führen .

Zuerst in ein chinesisches Restaurant am Neuen Steintor, ganz oben, wo man abends die Lichter der Großstadt sehen kann. Dann zu einigen dieser Lichter, zu den schummerig roten gleich gegenüber. Nur so zum Bummeln, versicherte Bock, der die schwarzen Männer mit den Pfeifen selbstverständlich nicht jederzeit im Auge behalten konnte. Weil aber auch fröhliche Abende irgendwann einmal zu Ende gehen, brachte Bock das Trio persönlich zu Bett, im Hotel Luisenhof - warum sollen nicht auch einmal Menschen mit kleinen Spesensätzen etwas gepflegter übernachten?

"Da ist doch nichts bei", sagt Betreuer Bock, der auch am Sonnabend weder Kosten noch Mühen scheute und mit dem Gespann vormittags noch eine schöne Stadtrundfahrt machte. Vorbei an Marktkirche und Messe, zum zünftigen Mittagessen. "Die Schiedsrichter sollen sich bei uns wohl fühlen", begründete Bock, der sicher ist, in dieser Beziehung den italienischen Vereinen noch etwas vormachen zu können. Die, das wisse man doch, lassen sich nämlich nicht viel einfallen, legen plump die goldene Uhr auf den Tisch.

Was das alles mit dem Spiel zu tun hat? Nichts,jedenfalls nichts Entscheidendes. Zwar stellte Schiedsrichter W., nach dpaMeldung "nicht mehr Herr der Lage'

einen Oldenburger vom Platz, ließ einige Minuten nachspielen - doch 96 wollte einfach kein Tor mehr schießen.

Da könne man auch nichts machen, klagte Bock, der sich nichts vorzuwerfen hatte. "Ich habe nun wirklich auf allen Instrumenten gespielt." Sprach's, verköstigte seine drei Schützlinge mit einer Portion Gyros und schickte sie zum Bahnhof. Nach dem Spiel ist Wemer eiskalt. Uwe von Holt (HANNOVERSCHE PRESSE vom 4.11.1991)

Diese Art der Beeinflussung verstößt klar und eindeutig gegen die "guten Sitten" und hat mit einer optimalen Betreuung des Schiedsrichters nichts mehr zu tun.

Es ist durchaus legitim, SchiedsrichterEigenheiten im Vorfeld zu studieren; die Herren aber durch Kenntnis ihrer persönlichen Vorlieben (lukullischer oder erotischer Natur) bestechlich zu machen, ist der Gipfel an Taktlosigkeit und sportlicher Unmoral.

Flugversuche

Schon immer war das Schweben oder Fliegen ohne motorisierte Unterstützung ein Traum der sportiv orientierten Menschheit. Eine ganz spezielle Ausprägung dieses Wunschtraums kann man Woche für Woche auf vielen Fußballplätzen dieser Welt - als mehr oder minder kunstvolle "Schwalben" - bewundern oder verabscheuen.

Einige Profikicker bringen es im Laufe ihrer Karriere zu einer solchen schauspielerischen Perfektion, daß selbst gegnerische Spieler sie schon für die Verleihung eines "Oscar" vornominieren wollten.

Interessant ist in diesem Kontext auch die Ehrlichkeit, die ein früherer Olympiasieger im nachhinein an den Tag legt:

.Ein weiteres Feld der Verletzung der Fairneß liegt in der Beeinflussung von Schiedsrichtern. Wenn ich ehrlich bin, würde ich dieses Kapitel eigentlich ganz gerne vernachlässigen, habe ich doch während meiner eigenen Laufbahn ein recht reichhaltiges Repertoire zur selbstverständlich ganz subtilen Beeinf lussung von Schiedsrichtern entwickelt, wobei ich bei dessen nicht allzu häufiger Anwendung immer , na sagen wir , fast i mmer, der Ansicht war , nur der gerechten Entscheidung zur Durchsetzung verhelfen zu wollen . Um es deutlich zu sagen : ich rede hier nicht von den sogenannten kleinen Aufmerks amkeit en oder Geschenken , von denen man in einigen Sportarten i mmer 'ideder hört, ein solcher Betrug ist zumindest genauso scha mlos wie Doping . Mir geht es um die wohl speziell im Fechten ausgebildete Theatralik des vorzeitigen Jubels bei einem angeblich gesetzten Treffer , vergleichbar der Schwalbe im Stra fraum . Wer solchen Versuchungen im Hochleistungssport ständig und beharrlich widersteht , der verdient die Krone der Fa irneß ." Fecht-Olympiasieger und [OC-Mitglied Dr. Thomas Bach

Nun sollte man meinen, Täuschungsmanöver, ja Betrugsversuche dieser Art würden gemeinhin von Publikum und Presse geächtet sowie als unsportlich und unfair im höchsten Grade diffamiert; doch offensichtlich sind solche Praktiken gerade bei den Fans durchaus "in" und werden den angehimmelten Stars nicht verübelt. Auch Trainer und Manager verharmlosen solches Tun und ziehen so gut wie nie daraus Konsequenzen. Und letztlich spekulieren die Medien auf "action": Das erhöht die Einschaltquoten und den Adrenalinspiegel der Zuschauer. Bedenkt man die Schwere der Verletzungen, die durch provozierte Fouls oder sonstiges unfaire Spielen hervorgerufen werden, ist es wirklich nicht angebracht, verharmlosend von "schlitzohrigen" oder cleveren Typen auf dem Rasen zu sprechen.

Um alle Zweifel auszuräumen: alle Versuche, Schiedsrichter zu hintergehen oder zu betrügen - egal wie gekonnt und perfekt dies geschieht - müssen auf allen Ebenen, also innerhalb einer Mannschaft und ihrer Betreuer, - durch Funktionäre und oberste Sportgremien, - vor allem aber durch die Medien geächtet werden. Daß die Athleten angemessen bestraft werden , versteht sich nach unserer Auffassung von Fair Play von selbst. Ganz wesentlich ist auch hier die Prävention, d.h. die frühzeitige Aufklärung von Schülern und Jugendlichen im Sportverein. Wenn Trainer und Übungsleiter nicht als Vorbild agieren, wird es später viel schwerer, sportlich-fair und ehrlich zu bleiben.

  • Kennen Sie gravierende Beispiele, in denen evident wird, wie man dem Schiedsrichter das Leben schwer gemacht und ihn an der Ausübung seines Amts gehindert hat? 
  • Was, glauben Sie, sind die Ursachen für solches Fehl-Fair-Halten von Sportlern? 
  • Wie könnte man den Schiedsrichter moralisch stärken und ihn gleichzeitig in seiner Funktion unterstützen? 
  • Wäre es nicht sinnvoll, wenn aktive Sportler selbst einmal an Schiedsrichter- Lehrgängen teilnähmen?

Bei einer Befragung von Fußballtrainern mit F-Lizenz waren nur 43,5% der Meinung, daß ein Spieler SchiedsrichterEntscheidungen immer - ohne Protest - zu akzeptieren habe, während bei gleicher Befragung von C-Jugend-Fußballspielern immerhin 72,8% diese Meinung vertraten.

  • Haben Sie eine Erklärung für diese unterschiedliche Einschätzung?
  • Welche Ansicht vertreten Sie in diesem Punkt?

Der faire Wettkampfrichter

Bisher haben wir den Wettkampfrichter als diejenige oberste Instanz gekennzeichnet die aufgrund ihrer formalrechtlichen und in der Praxis bewährten Qualifikation sportliche Wettkämpfe verschiedener Größenordnung leiten darf. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, war es Bedingung, daß eigene Affekte oder Präferenzen weitgehend ausgeschaltet bleiben sollten. Als Respektsperson auf dem Platz dürfen dem Schiedsrichter weder Sympathie noch Mitleid, Ärger oder Freude anzumerken sein. Subjektive Kriterien dürfen bei seinen Entscheidungen keine Rolle spielen. Er hat deshalb Fouls oder anderes unfaires Verhalten nicht im moralischen Sinne zu bewerten, sondern einzig und allein nach den kl ar definierten Richtlinien seines Verbandes.

Der Begriff "Schiedsrichter", wie er sich im Sportalltag eingebürgert hat, weist auf den ursprünglich en Sinn der Schiedsgerichte im bürgerlichen Leben hin, wo es galt, Streitfälle zu schlichten und die Ordnung wieder herzustellen.

Der Schiedsrichter im modernen Hochleistungssport hat heutzutage natürlich einen ganz anderen Wettstreit und Kampf zu beurteilen, doch muß er auch eine integre Persönlichkeit sein, die in ihrer Sportart großes Durchsetzungsvermögen haben muß.

Im professionalisierten Sport muß auch der Wettkampf- oder Schiedsrichter durch und durch Profi sein, um der hohen Beanspruchung gewachsen zu sein. Souveränität, gepaart mit Autorität, aber auch ein Über-den-Dingen-Stehen gehören zu den charakteristischen Merkmalen, die in solch leitenden Positionen wichtig sind. Letztendlich muß der Schieds- oder Wettkampfrichter derjenige sein, der einen Wettkampf oder ein Spiel "in den Griff bekommt" und somit Garant für eine entspannte Wettkampfatmosphäre ist. Die objektive Distanz zum Geschehen auf dem Sportplatz muß natürlich nicht immer tierisch-ernst gewahrt bleiben, gibt es doch auch Situationen, in denen Spaß und Komik angesagt sind. Überdies ist es legitim - und auch sympathisch -, wenn im Kinder- und Jugendbereich einmal väterlich getröstet, ermuntert und gelobt wird. Flexibilität und Frustrationstoleranz sind die Eigenschaften eines Schiris, wie er heute überall gebraucht wird.

  • Welches Idealbild haben Sie von einemfairen Wettkampf- oderSchiedsrichter
  • Kennen Sie in Ihrem sportlichen Umfeld solche Persönlichkeiten, die Ihren Vorstellungen zumindest nahekommen?
  • Sind Sie der Meinung, daß zum Amt eines guten Schiedsrichters mehr gehört als korrekte Regelauslegung, Neutralität und Objektivität

Die Scniedsrichter nicht im Regen stehen lassen

Die folgenden Vorschläge sollen dazu beitragen, den Schiedsrichtern zu angemessener Wertschätzung und Anerkennung zu verhelfen und ihre Arbei t zu erleichtern. In diesem Zusammenhang ist langfristig auch eine natürliche Entwicklung des Fair-Haltens im Kinderund Jugendsport anzustreben.

Regeln im Sport sind nichts Naturgegebenes, Starres oder von Funktionären Verkündetes. Sie sind in Entwicklung, passen sich den jeweiligen ZeitverhäItnissen und ihren Gegebenheiten an. Regeln müssen - um modernem Sporttreiben gerecht zu werden - verbessert, modifiziert oder verändert werden, wobei vor allem die Schiedsrichter aufgrund ihrer Erfahrungen initiativ werden sollten. Sie müßten bei allen Entscheidungen gehört werden, die ihren Aufgabenbereich betreffen, und ein Mitspracherecht erhalten.

Damit Vorkommnisse bei der Betreuung unterbleiben, die dem Ruf des Sports und der Schiedsrichter schaden, sind von seiten der Verbände eindeutige Regelungen zu entwerfen:

  • In den unteren Leistungsklassen sollte ein Minimum an korrekter Betreuung (vorbereitende Organisation der Sportveranstaltung) gesichert sein.
  • In den oberen Leistungsklassen, speziell im professionalisierten Sport,muß die Betreuung der Schiedsrich ter von neutraler Seite vorgenommen werden. Nur so kann verhindert werden, daß Vereine mit unlauteren Mitteln versuchen, die Schiedsrichter für sich zu beeinflussen.

Viele Probleme der Schiedsrichter beruhen darauf, daß sie relativ isoliert imSportleben stehen. Berührungspunkte mit Sportlern, Funktionären, Trainern u. a. außerhalb des aktuellen Sportgeschehens gibt es nur in Einzelfällen.

Zu wünschen ist die Einrichtung eines "Runden Tisches" in allen Leistungsklassen, an dem sich Schiedsrichter,Sportler, Trainer, Betreuer, Funktionäre, Vertreter der Medien usw. regelmäßig zu Gesprächen treffen. Durch einen regelmäßigen Kontakt dieser Personengruppen untereinander könnte sich mehr Verständnis füreinander entwickeln und manches Problem schon im Vorfeld ausgeräumt werden.

Bereits im Kinder- und Jugendbereich muß deutlich gemacht werden, daß vor allem die Sportler selbst und nicht die Schiedsrichter für die Einhaltung der Regeln und des Fair Play verantwortlich sind.

Wenn dies gelingt, kann der Schiedsrichter mehr und mehr im Hintergrund bleiben und so seine Objektivität besser ins Spiel bringen. Es gibt viele positive Beispiele dafür, daß man im organisierten Sport ohne Schiedsrichter auskommen kann. Im Tennis und Tischtennis etwa sind bis in die mittleren Leistungsklassen Schieds- und Linienrichter nicht zwingend vorgeschrieben und vonnöten. In vielen Vereinen ist es auch selbstverständlich, Spiele ganz ohne offizielle Schiedsrichter zu absolvieren, ohne daß deshalb unfairem Match oder sonstiger Unsportlichkeit Tür und Tor geöffnet wäre. Ganz im Gegenteil: das Verantwortungsbewußtsein gerade auch der jüngeren Spieler wächst dadurch. Für Frisbee- Ultimate-Spieler gar ist es überhaupt kein Problem, ohne Schiedsrichter über die Runden zu kommen.

Diese relativaggressionsfreien Spiele sollten Vorbild für andere Ballspiel( un)arten sein, deren brutale Methoden längst den Rahmen des Fair Play gesprengt haben. Im Hinblick auf eine grundlegende und sinnvolle FairneßErziehung könnten auch lugendspiele im D-, E- und F-Junioren-Bereich ohne Schiedsrichter durchgeführt werden, um das Verantwortungs bewußtsein der Kinder zu schulen! Außerdem nähme man diesen Altersklassen gleichzeitig etwas von dem unguten, allzufrühen Leistungsgedanken und Konkurrenzgebaren.

Eine zentrale Bedeutung kommt hier natürlich auch dem Schulsport zu, der im Lehrplan leider allzu häufig noch ein Schattendasein fristet. Die Lehrer - während der kurzen Sportstunde fast immer in die Rolle des mehr oder minder kompetenten Schiedsrichters gedrängt - könnten den Schülerinnen und Schülern ruhig etwas mehr Freiräume und Eigeninitiative einräumen und sie Schiedsrichter- Aufgaben selbst übernehmen lassen. So könnten sie für zukünftige Tätigkeiten in diesem Metier begeistert und sensibilisiert werden.

Die steigende Tendenz zum Einsatz elektronischer Medien zur Unterstützung, d.h. objektiven Beobachtung eines regelgerecht durchgeführten Wettkampfs ist sicher zu begrüßen. Inwieweit allerdings Videoaufzeichnungen bei strittigen Entscheidungen im Einzelfall genutzt werden sollten, wird in Zukunft noch juristisch zu klären sein.

Die Goldenen Regeln ftür das FAIR-HALTEN von Schiedsrichtern

1. Absolute Regelsicherheit in Ihrer Sportart ist das Nonplusultra für den Schiedsrichter.

2. Die Regeln gilt es - den jeweiligen Situationen entsprechend - kompromißlos und gerecht für alle Beteiligten anzuwenden.

3. Folgen Sie stets dem Gebot der Neutralität, und bewahren Sie sich die nötige Distanz und Souveränität.

4. Nutzen Sie den Interpretationsspielraum der Regelauslegung, um die Wettkampf-Atmosphäre zu entkrampfen.

5. Versetzen Sie sich gedanklich immer wieder in die Lage der Athleten, um Wettkampfsituation und Sportlerpsyche angemessener und umfassender verstehen zu lernen.

6. Lassen Sie sich in Ihren Entscheidungen niemals von außen beeinflussen nutzen Sie jedoch alle Informationsquellen, um zu einem objektiven Urteil zu gelangen.

7. Bedenken Sie, daß Ihre Funktion nicht nur im Durchsetzen von Regeln besteht, sondern daß Sie auch durch die Art Ihres persönlichen Auftretens und Handeins das Geschehen auf dem Sportplatz positiv beeinflussen können.

8. Eine selbstverständliche Voraussetzung sollte es für Sie sein, Ihre Aufgabe körperlich fit und psychisch belastbar anzugehen.

Die Goldenen Regeln ftür das FAIR-HALTEN gegenüber Schiedsrichtern

1. Die Regeln Ihrer Sportdisziplin sollten Sie beherrschen, denn der Schiedsrichter ist nicht dazu da, Ihnen Nachhilfe in Regelkunde zu geben.

2. Verhalten Sie sich - dem Wettkampfreglement entsprechend -fair, denn auch der/die AthletIin ist für das Gelingen eines Wettkampfs verantwortlich.

3. Respektieren Sie den Schiedsrichter nicht nur als" notwendiges Übel", sondern achten Sie ihn als Persönlichkeit, ohne die Ihr Sport in dieser Form nicht möglich wäre.

4. Verschaffen Sie sich keine Vorteile durch unlautere Mittel, auch wenn diese nicht ausdrücklich gegen die Regel verstoßen.

5. Versetzen Sie sich hin und wieder einmal in die Lage des Schiedsrichters, um ihn und seine Entscheidungen besser verstehen zu lernen.

6. Akzeptieren Sie die Entscheidungen des Schiris ohne Wenn und Aber, und bedenken Sie, daß auch Athleten nicht ohne Fehl und Tadel sind.

7. Machen Sie sich bewußt, daß Sie nicht nur Leistungssportler sind und daß der Sieg um jeden Preis nicht das wichtigste im Leben ist.

8. Führen Sie den Schiedsrichter nicht durch Täuschungsmanöver hinters Licht, schließlich wollen Sie auch von ihm fair behandelt werden

9. Bedenken Sie, daß Sie durch Ihr persönliches Fair-Halten maßgeblich Charakter und Atmosphäre eines Wettkampfs oder Spiels prägen.